Die kantonale Besitzstandgarantie bestimmt in § 68 Abs. 1 lit. b Baugesetz, dass rechtmässig erstellte Bauten und Anlagen angemessen erweitert werden dürfen. Bei einem Wohnhaus, das die Grenzabstände um 50 - 60 cm unterschreitet, lässt das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau lediglich eine Erweiterung der Wohnfläche um 25 % zu, selbst wenn durch diese Erweiterung die Rechtswidrigkeit nicht wesentlich verstärkt wird und keine besonderen Nutzungsvorschriften entgegenstehen. Ausserhalb des Baugebiets darf bei einer zonenwidrigen Baute die genutzte Fläche um 30 % erweitert werden!
Das Verwaltungsgericht knüpft bei seiner Auslegung des Begriffes "angemessen erweitern" bei der Regelung des alten Baugesetzes, das nicht mehr gilt, an. Im Baugesetz 1971 wurde Industrie- und Gewerbebauten eine Erweiterung um 25 % zugebilligt, nicht aber Wohnbauten. Unter dem neuen Baugesetz will das Verwaltungsgericht immer noch die Industrie- und Gewerbebauten privilegieren gegenüber Wohnbauten. Aus dem Wortlaut von § 68 Abs. 1 lit. b Baugesetz ergibt sich dies nicht. Immerhin kommen dem Verwaltungsgericht gewisse Zweifel an seiner Praxis. In einem Urteil zu dieser Frage heisst es: "Ob die bisherige Rechtsprechung unter den heutigen veränderten Umständen - namentlich mit Blick auf den am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Art. 1 Abs. 2 lit. abis RPG mit dem Ziel der Verdichtung der Ortschaften gegen innen - angepasst werden muss, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden."
Gefordert ist der Gesetzgeber. Er muss endlich Klarheit schaffen und damit die gegen den Grundsatz der haushälterischen Nutzung der Bauzonen verstossende Praxis des Verwaltungsgerichts zu besitzstandsgeschützten Wohnbauten korrigieren.