Beurteilt eine Behörde einen Fall abweichend von ihrer Praxis, ohne dass die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht, tritt sie in Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 8 BV (Rechtsgleichheit) und dem Postulat der Rechtssicherheit. Eine Praxisänderung muss sich deshalb auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung als zutreffend erachtet worden ist. Die geänderte Praxis ist grundsätzlich sofort und überall anzuwenden. Sie gilt nicht nur für künftige, sondern für alle im Zeitpunkt der Änderung noch hängigen Fälle. Gegen die Änderung einer Praxis betreffend materiellrechtliche Fragen gibt es keinen generellen Vertrauensschutz. Ein Anspruch auf Vertrauensschutz kann sich aber ergeben, wenn die Behörde die Weiterführung der alten Praxis individuell zugesichert oder bei der betroffenen Person anderweitig ein entsprechendes Vertrauen geweckt hatte. Bei der Änderung einer rechtswidrigen in eine rechtmässige Praxis kann sich ausserdem die Frage stellen, ob ausnahmsweise ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht.