Die in Art. 6 Ziffer 1 EMRK garantierte öffentliche Gerichtsverhandlung stellt ein fundamentales Prinzip dar, das nicht nur für den Einzelnen wichtig ist, sondern ebenso sehr als Voraussetzung für das Vertrauen in das Funktionieren der Justiz erscheint. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) begründet die Pflicht zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung mit der Absage an jede Form von Geheimjustiz und der (demokratischen) Kontrolle der Behörden, was letztlich auch das Vertrauen in diese stärke. Die Öffentlichkeit des Verfahrens trägt dazu bei, dass die Garantie auf ein "faires Verfahren" tatsächlich umgesetzt wird. Aus dem Anspruch auf eine (publikums-) öffentliche Verhandlung folgt grundsätzlich ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung.
Von einer ausdrücklich beantragten öffentlichen Verhandlung kann nach der Rechtsprechung abgesehen werden, wenn der Antrag der Partei als schikanös erscheint oder auf eine Verzögerungstaktik schliessen lässt und damit dem Grundsatz der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens zuwiderläuft oder sogar rechtsmissbräuchlich ist. Als Grund für die Verweigerung einer beantragten öffentlichen Verhandlung fällt auch die hohe Technizität der zur Diskussion stehenden Materie in Betracht.