Die Einräumung eines Näherbaurechts erfolgt durch privatrechtlichen Vertrag. Inhalt des zweiseitigen Rechtsgeschäfts ist eine private Abstandsregelung, welche von den ordentlichen öffentlich-rechtlichen Grenz- und/oder Gebäudeabstandsvorschriften abweicht. Ein solcher Dienstbarkeitsvertrag entfaltet öffentlich-rechtliche Wirkung und ist für die Baubehörde verbindlich. Massgebend für die Frage der Zulässigkeit der Erstellung einer Neubaute ist daher der Inhalt der einer Baubewilligung zugrundeliegenden Vereinbarung unter den Nachbarn, das heisst der Inhalt des Dienstbarkeitsvertrages.
Die Frage nach dem Inhalt des Näherbaurechtes (generelles oder projektbezogenes) ist zivilrechtlicher Natur und fällt somit grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Zivilrichters. Sie kann jedoch durch die Baubewilligungsbehörde vorfrageweise geprüft werden. Verwaltungsbehörden haben bei der vorfrageweisen Beurteilung zivilrechtlicher Fragen Zurückhaltung zu üben. Die Auslegung eines zivilrechtlichen Vertrags durch eine Verwaltungsbehörde wird dann als zulässig erachtet, wenn der Vertragsinhalt leicht feststellbar ist und sich ein unzweifelhaftes Resultat ergibt.