Sachverhalt
Eine Grundeigentümerin erhielt vom Gemeinderat die Verfügung, sie müsse ihr Einfamilienhaus ausserhalb des Baugebietes an die zu erstellende Sanierungsleitung anschliessen und Beiträge und Anschlussgebühren von total CHF 125'000.-- bezahlen.
Rechtliche Überlegungen
Verschmutzte häusliche Abwasser sind in die Kanalisation einzuleiten.
Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass im Bereich der öffentlichen Kanalisationen das verschmutzte Abwasser in die Kanalisation eingeleitet und einer zentralen Abwasserreinigungsanlage (ARA) zugeführt wird. Der Bereich öffentlicher Kanalisationen umfasst (Art. 11 Abs. 2 GSchG):
- Bauzonen
- weitere Gebiete, sobald für sie eine Kanalisation erstellt ist
- weitere Gebiete, in welchen der Anschluss an die Kanalisation zweckmässig und zumutbar ist.
Der Anschluss an die Kanalisation ist zweckmässig, wenn er sich einwandfrei und mit normalem baulichem Aufwand herstellen lässt. Der Anschluss ist zumutbar, wenn die Kosten des Anschlusses diejenigen für vergleichbare Anschlüsse innerhalb der Bauzone nicht wesentlich überschreiten. Das Bundesgericht hat im Jahre 2001 Anschlusskosten von CHF 6'000.-- bis 6'700.-- pro Einwohnergleichwert (EGW) bzw. CHF 18'000.-- bis 20'000.-- für ein ganzjährig bewohnbares Ferienhaus mit drei Zimmern, Küche, Dusche und WC als zumutbar beurteilt.
Kriterien der Anschlusspflicht
Die Liegenschaft der Grundeigentümerin muss nur an die Kanalisation angeschlossen werden, wenn der Anschluss zweckmässig und zumutbar ist (Art. 11 Abs. 2 lit. c GSchG).
Der Anschluss an die öffentliche Kanalisation ist zweckmässig, wenn er sich einwandfrei und mit normalem baulichem Aufwand erstellen lässt (Art. 12 Abs. 1 Bst. a der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober 1998 [GSchV; SR 814.201]). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Verwaltungsgerichts ist die Zweckmässigkeit dann zu verneinen, wenn der Anschluss aufgrund der topografischen oder baugrundspezifischen Verhältnisse nur mit besonderem baulichem Aufwand zu verwirklichen ist. Zudem darf der Anschluss das Fassungsvermögen der Kanalisation nicht übersteigen. Im Übrigen stellt die Rechtsprechung an das Erfordernis der Zweckmässigkeit des Kanalisationsanschlusses keine hohen Anforderungen.
Der Anschluss an die Kanalisation ist zumutbar, wenn die Kosten des Anschlusses diejenigen für vergleichbare Anschlüsse innerhalb der Bauzone nicht wesentlich überschreiten (Art. 12 Abs. 1 lit. b GSchV).
Für die Beurteilung der Zumutbarkeit werden nach der Praxis des Bundesgerichts und des Verwaltungsgerichts die Anschlusskosten durch die Anzahl EGW dividiert. Für Wohnhäuser ergibt sich die massgebende Anzahl EGW aus der Anzahl Zimmer, wobei Küchen, Badezimmer und Toiletten nicht als Zimmer gelten (vgl. Bundesamt für Landwirtschaft [BLW] / Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft [BUWAL; heute Bundesamt für Umwelt, BAFU], Wegleitung für den Gewässerschutz in der Landwirtschaft [Bereich Hofdünger], 1994, S. 40; BVR 2004, S. 549, E. 3.5.4 mit weiteren Hinweisen). Als Anschlusskosten gelten sämtliche von der betroffenen Eigentümerschaft tatsächlich zu tragenden Kosten, weIche durch den Kanalisationsanschluss entstehen, unter Einschluss der Anschlussgebühren (BGE 132 II 515 E. 4; Pra 2007 Nr.114).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts gelten Anschlusskosten von CHF 7'500.-- pro EGW grundsätzlich als zumutbar (BVR 1999, S. 456, E. 3d, 1996, S. 17, E. 5b/bb; VGE 20499 vom 27.11.1998, E. 4b/aa). In BVR 2004, S. 549, E. 3.5.6 ist das bernische Verwaltungsgericht zum Schluss gekommen, dass Anschlussgebühren von CHF 10'000.-- pro EGW auch unter Berücksichtigung der in der Zwischenzeit eingetretenen Teuerung den im Jahre 1994 als im oberen Bereich des Zumutbaren liegend qualifizierten Betrag deutlich überschreiten.
Fazit
Die Grundeigentümerin hat in ihrem Einfamilienhaus 5 EWG und müsste Anschlusskosten unter Einschluss der Anschlussgebühren von CHF 125'000.-- oder CHF 25'000.--/EWG bezahlen. Dies ist nicht zumutbar. Also entfällt die Anschlusspflicht.
Aarau, den 10. Juni 2017